“Lass deinen Emotionen kommen und gehen” ist ein sehr weit verbreitete Anleitung während der Meditation in regulären Yogaklassen. Nachdem ich selbst mit dieser Anleitung ca 15 Jahre gearbeitet habe, habe ich sie - auf der Basis meiner Erfahrungen - aufgegeben.
Here is why.
1. Bypassing & Unterdrückung
Diese mentale Anleitung hat mich lange Zeit glauben lassen, das Emotionen nicht “real” seien und ich müsse nur die richtige innere Perspektive einnehmen um die “Illusion” der Emotion zu entlarven und mich von ihr zu befreien. Was aber schließlich dazu geführt hat, das ich meine innere turbulente Landschaft mit ihren emotionalen dunklen Energien (Frustration, Wut, Trauer, Angst, Schuld, Scham) lediglich unterdrückt habe, und mich immer gefragt habe, warum mein Kopf nicht zur Ruhe kam - trotz jahrelanger "spiritueller Praxis".
2. Mental vs Somatisch
Ich habe verstanden, das die mentalen Dialoge, die uns verfolgen, ihren Ursprung in einem emotionale Knotenpunkt im Körper haben und dort insbesondere in den ersten 6 Jahren gepflanzt worden sind und mit unseren sprachlichen und gesellschaftlichen Konditionierungen und "Traumen" zusammenhängen.
Sobald ich also auf mentale Weise meine "Emotionen kommen und gehen lasse", werde ich die "Wurzel" nicht angehen und habe ihre machtvolle Energie einfach nur unterdrückt.
Wie uns auch der klassische Yoga lehrt, ist der Ursprung des Gedanken-Karussell ("Chitta-Vritti") unsere Ur-Triebe ("Kleshas") - und diese hängen mit dem Überlebenstrieb und dem Gefühl der physischen Sicherheit zusammen. Eine Funktion, die also tief im Körperbewusstsein verankert ist!
Jede Emotion ist letztendlich eine elektromagnetische Energie des Körpers, die eine Handlung zur Bedürfnisbefriedigung initiiert und sich deswegen "entladen", also verkörpern MUSS. Hinzu kommt, das mit dieser Energie grundsätzlich deine Grundbedürfnisse nach Sicherheit, Kreativität, Verbindung , Handlungsmacht sowie deine Instinkte verkoppelt sind - die wird man niemals los!
Deswegen sollte “Emotionen kommen und gehen zu lassen” niemals in Form eines mentalen Prozesses stattfinden, sondern immer in Form eines somatischen verkörperten Prozesses.
3. der mentale Beobachter ist der Schlüssel
Du kannst also nicht “warten” und “beobachten” wie die Emotion kommt und geht.
Aber du kannst seine Gedanken und Dialoge dazu beobachten und bewusster machen: Welche STORY kreiert deine Stimme im Kopf auf der Basis der körperlichen Empfindung? Woher aus dem Körper kommt die Energie, die den Gedankenstudel auslöst? Wo ist der Knotenpunkt?
Die Gedanken beobachten, den inneren Beobachter schulen und die Identifikation von den Dialogen trennen is der Key, um zu verstehen, welche zugrunde liegenden Bedürfnisse dein Unterbewusstes hat.
Und auch der klassische Yoga handelt davon, die Ursachen der Unruhe bei ihrer Wurzel zu fassen: Dem Bedürfnis nach ... Sicherheit! Und dieses Bedürfnis befindet sich im somatischen Körper.
Eine bessere Herangehensweise wäre also:
"Beobachte deine Gedanken, wie sie kommen und gehen."
"Spüre, wo genau im Körper sich der Knotenpunkt/ die Kontraktion befindet, welche die jeweilige Story hervorbringt."
"Schicke dieser Kontraktion ein wertfreies Lächeln, ohne Agenda"
Und dann lerne zusätzlich somatische Techniken, die dich dabei unterstützen der angestauten Energie in dir Ausdruck zu geben, deine "Trigger" zu erkennen und für dich zu sorgen.
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